Der erste Widerstand kam aus der Arbeiterschaft

Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Georg Bach

Der erste Widerstand kam aus der Arbeiterschaft

Gedenkrede des Zweiten Vorsitzenden des Zentralverbandes Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen (ZDWV) am 20. Juli 1980 in der Stadthalle Bonn-Bad Godesberg

Seit Jahren wird durch den „Zentralverband Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen“ (ZDWV) mit Unterstützung der Bundesregierung am 20. Juli der Opfer des leider fehlgeschlagenen Aufstandes gegen und Attentates auf Hitler vom 20. Juli 1944 gedacht.

Die Gruppe der Menschen, welche hier einen letzten Versuch unternahmen, um den Krieg zu beenden und noch zu retten, was zu retten war, setzte sich aus Offizieren der Wehrmacht bis in den Rang von Generälen, aber auch aus Persönlichkeiten aus Politik und Wirtschaft, aus Gewerkschaftsführern, Politikern verschiedenster Richtung und aus Einzelpersönlichkeiten zusammen, die gemeinsam ein Ende des Schreckensregimes und des Krieges herbeiführen wollten.

Wir als Verfolgte und Widerstandskämpfer stehen zu diesem Gedenktag, der uns daran erinnert, dass die damalige Tat gewissermaßen als weithin sichtbares Fanal dem deutschen Volke und der Weltöffentlichkeit zeigen sollte, dass es in Deutschland noch Menschen gibt, die es wagen, sich gegen die Diktatur zu erheben um zu bekunden, dass sie nicht teilhaben und teilhaben wollen an alle dem, was Verbrecherisches - nicht nur im Krieg - geschehen ist.

Wenn ich heute die Ehre habe, als ehemaliger Widerstandskämpfer und Verfolgter dieses terroristischen Regimes zu Ihnen zu sprechen, so werden Sie Verständnis dafür haben, dass ich Gelegenheit nehme, einiges zum Widerstand im allgemeinen und auch zu dem Widerstand, der schon 1933 einsetzte, zu sagen. Damit wird nicht das Verdienst der Männer des 20. Juli 1944 geschmälert, es darf aber auch an diesem Tage klar gemacht werden, dass diese Widerstandshaltung nur eine von vielen ist und die Männer des Attentatsversuches hingemordet worden sind, so wie dies Tausenden von Widerstandskämpfern vor und nach ihnen geschah.

Insoweit war also die Tat vom 20. Juli 1944 ein wenn auch später Versuch, das deutsche Volk und die Welt von einem Despoten zu befreien, wie alle anderen damaligen Widerstandshandlungen auch.

Der Widerstand kann deshalb nur in seinem gesamten Zusammenhang gesehen werden. Es ist wohl gut und richtig, wenn wir 35 Jahre nach dem verlorenen Krieg, dem Zusammenbruch des Naziregimes und der Beendigung von Widerstand und Verfolgung uns bemühen, den Widerstand gegen das nationalsozialistische Gewaltregime als eine vaterländische Tat aller Widerstandsgruppen zu sehen.

Der 30. Januar 1933 war der Anfang des Terrors, welcher schon vor diesem Zeitpunkt, besonders bei der Reichstagswahl im November 1932, erkennbar gewesen ist. Plakate, welche gegen Hitler und seine Freunde aus der „Harzburger Front“, den „Deutschnationalen und dem Stahlhelm“, von den nichtnazistischen Parteien im Wahlkampf angebracht wurden, haben deutlich werden lassen, dass alle demokratischen Parteien der Weimarer Republik den Charakter Hitlers und seiner Bewegung erkannten.

Die nötigen Konsequenzen wurden aber von den damaligen Politikern nicht gezogen!

Die von den Truppen der SA und SS als den Schlägereinheiten Hitlers ausgelösten Saal- und Straßenschlachten, die Propaganda gegen die „Judenrepublik von Weimar“, ihre Morddrohungen gegen alles, was nicht ihrer Meinung war, gegen Juden und Christen, gegen Marxisten und Kommunisten, gegen Sozialisten und Freidenker, waren klare Zeichen für den Weg, den Hitler bei einer Machtergreifung gehen wird.

Nach seiner Berufung zum Reichskanzler durch den damaligen Reichspräsidenten von Hindenburg am 30. Januar 1933 war es die erste Aufgabe der Reichsregierung, dem Präsidenten eine Vorlage zuzuleiten, die sich „Verordnung zum Schutze von Volk und Staat“ nannte.

Diese Verordnung war nicht zum Schutze, sondern gegen Volk und Staat gerichtet. Mit ihrer Hilfe hat Hitler seinen Terror und seine Verfassungsbrüche begonnen!

Die erste wesentliche Handlung Hitlers war seine Verfälschung der im allgemeinen noch freien und geheimen Reichstagswahl vom 5. März 1933.

Das Ergebnis dieser Wahl sollte man ins Gedächtnis zurückrufen. Von den zu besetzenden 647 Abgeordnetensitzen erhielten:

Nationalsozialisten 288 Sitze

Sozialdemokraten 119 Sitze

Kommunisten 81 Sitze

Zentrum 74 Sitze

Kampffront Schwarz-Weiß-Rot 53 Sitze

Bayerische Volkspartei 18 Sitze

Deutsche Volkspartei 4 Sitze

Christlich-Sozialer Volksdienst (evangelisch) 4 Sitze

Deutsche Staatspartei (Demokraten) 6 Sitze

=SUM(ÜBER) 647 Sitze.



Nachdem Hitler auf demokratische Weise sein Ziel, die Mehrheit der Abgeordnetensitze zu erringen, nicht erreicht hatte und damit das geplante „Ermächtigungsgesetz“ keine Mehrheit bekommen würde, begannen die Verfassungsbrüche am laufenden Band.

Den 81 Abgeordneten der KPD, die ordnungsgemäß gewählt waren, wurden einfach verfassungswidrig die Sitze aberkannt, die Gewählten verhaftet. Dann wurden 26 SPD-Abgeordnete festgenommen und in Lagern eingesperrt; auch verfassungswidrig. Von den dann bei der Sitzung des Reichstages und der Abstimmung über das Ermächtigungsgesetz noch vorhandenen 540 Abgeordneten waren nur 345 solche der Regierungskoalition, sie reichten aber für eine 2/3-Mehrheit, die für das Ermächtigungsgesetz erforderlich war, nicht aus. Es fehlten noch 15 Stimmen!

Diese wurden von anderen Parteien erpresst bzw. unter teils falschen Voraussetzungen abgegeben.

Nur die Sozialdemokraten haben gegen das Ermächtigungsgesetz gestimmt und dies auch durch ihren Parteivorsitzenden, dem Abgeordneten Otto Wels, im Reichstag begründet.

Diese letzten oppositionellen Ausführungen im Deutschen Reichstag lassen erkennen, dass zwar vielleicht die ganze Tragweite des schrecklichen Geschehens noch nicht voll erkannt wurde, sie zeigen aber auch, dass sich der Redner und seine Partei des Ernstes der Situation voll bewusst waren.

Gestatten Sie bitte, dass ich die Worte, die damals gesprochen wurden, wenigstens auszugsweise, wiedergebe. Man kann klar daraus erkennen, dass genau um diese Zeit bereits der Widerstand gegen Hitler begonnen hat. Es bedurfte damals größten Muts diese Ausführungen zu machen, denn im Sitzungssaal war SS bzw. SA anwesend und das Gebäude war umstellt.

Und nun die Worte von Otto Wels:

„... aus einem Gewaltfrieden kommt kein Segen; im Innern erst recht nicht. Eine wirkliche Volksgemeinschaft läßt sich nicht auf ihn gründen. Ihre erste Voraussetzung ist gleiches Recht. Mag sich die Regierung gegen rohe Ausschreitungen der Polemik schützen, mag sie Aufforderung zu Gewalttaten und Gewalttaten selbst mit Strenge verhindern. Das mag geschehen, wenn es nach allen Seiten gleichmäßig und unparteiisch geschieht, und wenn man es unterläßt, besiegte Gegner zu behandeln, als seien sie vogelfrei. Freiheit und Leben kann man uns nehmen, die Ehre nicht. Nach den Verfolgungen, die die Sozialdemokratische Partei in der letzten Zeit erfahren hat, wird billigerweise niemand von ihr verlangen oder erwarten können, daß sie für das hier eingebrachte Ermächtigungsgesetz stimmt. Die Wahlen vom 5. März haben den Regierungsparteien die Mehrheit gebracht und damit die Möglichkeit gegeben, streng nach Wortlaut und Sinn der Verfassung zu regieren. Wo diese Möglichkeit besteht, besteht auch die Pflicht. Kritik ist heilsam und notwendig. Noch niemals, seit es einen Deutschen Reichstag gibt, ist die Kontrolle der öffentlichen Angelegenheiten in solchem Maße ausgeschaltet worden, wie es jetzt geschieht, und wie es durch das neue Ermächtigungsgesetz noch mehr geschehen soll. Eine solche Allmacht der Regierung muß sich um so schwerer auswirken, als auch die Presse jeder Bewegungsfreiheit entbehrt.

Übertreibungen entgegenzutreten wäre leichter, wenn im Inland eine Berichterstattung möglich wäre, die Wahres von Falschem scheidet. Noch besser wäre es, wenn wir mit gutem Gewissen bezeugen könnten, daß die volle Rechtssicherheit für alle wiederhergestellt ist.

Das, meine Herren, liegt bei Ihnen.

Die Herren von der Nationalsozialistischen Partei nennen die von ihnen entfesselte Bewegung eine nationale Revolution, nicht eine nationalsozialistische. Das Verhältnis ihrer Revolution zum Sozialismus beschränkt sich bisher auf den Versuch, die sozialdemokratische Bewegung zu vernichten, die seit mehr als zwei Menschenaltern die Trägerin sozialistischen Gedankengutes gewesen ist und bleiben wird. Wollten die Herren von der Nationalsozialistischen Partei sozialistische Taten verrichten, brauchten sie kein Ermächtigungsgesetz. Eine erdrückende Mehrheit wäre ihnen in diesem Hause sicher.

Wir Sozialdemokraten wissen, daß man machtpolitische Tatsachen nicht durch bloße Rechtsverwahrung beseitigen kann. Wir sehen die machtpolitische Tatsache ihrer augenblicklichen Herrschaft. Aber auch das Rechtsbewußtsein des Volkes ist eine politische Macht und wir werden nicht aufhören, an dieses Rechtsbewußtsein zu appellieren.

Wir deutschen Sozialdemokraten bekennen uns in dieser geschichtlichen Stunde zu den Grundsätzen der Menschlichkeit und der Gerechtigkeit, der Freiheit und des Sozialismus. Kein Ermächtigungsgesetz gibt ihnen die Macht, Ideen, die ewig und unzerstörbar sind, zu vernichten. Das Sozialistengesetz hat die Sozialdemokratie nicht vernichtet. Auch aus neuen Verfolgungen kann die deutsche Sozialdemokratie neue Kraft schöpfen. Wir grüßen die Verfolgten und Bedrängten. Wir grüßen unsere Freunde im Reich. Ihre Standhaftigkeit und Treue verdienen Bewunderung. Ihr Bekennermut, ihre ungebrochene Zuversicht verbürgen eine hellere Zukunft.“

Mit der Annahme dieses Ermächtigungsgesetzes, das durch Terror und Verfassungsbruch zustande kam, gingen in Deutschland die Lichter aus.

Die Demokratie wurde abgeschafft, Diktatur und brutale Gewalt nahmen mit einer nie gekannten Stärke zu.

Das erste Konzentrationslager wurde durch den damaligen Polizeipräsidenten von München, Heinrich Himmler, schon am Tage nach der denkwürdigen Reichstagssitzung, die am 21. März 1933 stattfand, also am 22. März 1933 in Dachau errichtet.

Die politischen Parteien wurden aufgelöst oder zur Selbstauflösung gezwungen, die Gewerkschaftshäuser am 2. Mai 1933 besetzt, alle maßgebenden Funktionäre verhaftet.

Wie sollte in dieser Situation eine Gegenmeinung vorgetragen werden, von einer Opposition demokratischer Art ganz zu schweigen!

Es war nur Widerstand - und zwar illegaler Widerstand - möglich!

Die ersten Widerstandsgruppen entstanden durch illegale Arbeit der Sozialdemokraten, der Kommunisten und der Gewerkschafter. Erst später folgten andere Gruppierungen wie z. B. Widerstandsgruppen in den christlichen Kirchen, aus der ehemaligen Jugendbewegung usw.

Der sogenannte „kleine Mann“, der doch durch den National-„Sozialismus“ - so denkt man vielleicht - am meisten hätte gewinnen können, zumindest aber am wenigsten verlieren, hat sich nicht beirren lassen. Er erkannte klar - was manche Politiker heute nicht anerkennen wollen - dass dieser Nationalsozialismus kein Sozialismus war. Sogenannte „Erfolge“ bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit konnten ihn nicht beirren, denn es war ersichtlich, dass die Arbeitsbeschaffung nur dem Ziele der Aufrüstung und zuletzt dem Kriege dient. Auch hier gilt das Wort, dass „des Volkes ärmster Sohn auch sein Getreuester war“.

Die Ziele des Widerstandes waren von seinem Beginn an eindeutig: „Beseitigung des Gewaltregimes, Wiederherstellung von Freiheit, Gerechtigkeit und Demokratie, gleiche Rechte für Alle“.

Bei diesen Widerstandsgruppen, die teilweise politisch gesehen, bunt zusammengesetzt waren, handelte es sich in jedem Falle um Menschen, die der Wille einte, unser Volk vom Tyrannen zu befreien.

Heute hört man manchmal die Bemerkung, dass es mit dem Widerstand nicht so weit her war. Die Leute des Widerstandes wollten nur ihre eigenen Absichten verwirklichen, ja an die Stelle der Nazis z. B. einen „Stalin-Staat“, also den Bolschewismus, setzen. Wieder andere wollten klerikalen Kräften zum Durchbruch verhelfen oder einen Staat der „Großjunker“ schaffen.

Und nicht zuletzt wird behauptet, manche Kreise fühlten sich nur gekränkt, weil sie von Hitler nicht genügend gewürdigt worden sind.

Welche Gründe für den Einzelnen maßgebend waren, gegen dieses damalige Regime Widerstand zu leisten, also aus welchen Motiven dieser Widerstand geleistet wurde, ist für die Tatsache, dass es trotz oft verschiedener politischer Absichten nur ein gemeinsames Ziel gab, Deutschland wieder frei zu machen, unbedeutend.

Wir müssen anerkennen, dass es für alle, die im Widerstand waren, lebensgefährlich war, dies zu tun. Es sind daher alle Widerstandskämpfer gleich zu achten und ihnen Dank für ihren Einsatz zu zollen.

Leider hat der Widerstand in Deutschland zwischen 1933 und 1945 nicht die Unterstützung breiter Volksschichten gefunden, die er benötigt hätte, um aus eigener Kraft den Tyrannen bzw. die Regierung zu stürzen.

Es hat erst des Krieges bedurft und seines, für unser Volk so betrüblichen Ausganges, um dieses Schreckensregime zu beseitigen.

Die Not vieler Millionen Menschen, die aus ihrer angestammten Heimat vertrieben wurden, die große Zahl der in den Bombennächten vernichteten Städte mit den oft qualvoll umgekommenen Menschen, die Millionen Tote an der Front und ihre Hinterbliebenen sowie die Zerreißung unseres Vaterlandes mit den heute noch aus diesen Geschehnissen entstehenden Problemen wären vermieden worden.

Wir leiden noch heute unter den Folgen dieses verbrecherischen Regimes!

Im Gegensatz zu anderen Ländern wie z. B. Frankreich und ähnlichen wurde bei uns der Widerstand gegen das eigene Regime, den wir führen mussten, schon vor dem Krieg, aber erst recht während des Krieges, als Verrat am eigenen Volk betrachtet.

Diese Ansicht hat sich teilweise bei gewissen Bevölkerungsschichten leider bis heute erhalten.

Wir mussten damals gegen das eigene Gewaltregime, gegen die eigene verbrecherische Regierung kämpfen, in anderen Ländern war dies der Kampf gegen den Aggressor, der als vaterländischer Kampf anerkannt wurde.

Dabei war unser Kampf nicht weniger von Vaterlandsliebe getragen. Neben all dem, was der Krieg uns gebracht hat, hätte es auch die Millionen Toten und Gequälten der Konzentrationslager nicht gegeben und das Bild des Deutschen wäre nicht doch irgendwie blutbefleckt.

Lassen Sie mich noch einige Sätze zur Situation der Widerstandskämpfer heute sagen.

Obwohl es gerade die Hitlergegner waren, die nach Ende des letzten Krieges im Jahre 1945 und den folgenden Jahren des Aufbaues und der Wiedereingliederung in die Völkergemeinschaft dazu beitrugen, dass die Deutschen wieder angenommen und anerkannt wurden, so ist doch festzustellen, dass es vielen Menschen in unserem Lande nicht passt, wenn von den ehemaligen Widerstandskämpfern gesprochen und die jüngere Vergangenheit unseres Volkes wieder aufgezeigt wird.

Zu diesen Menschen, denen dies oft unangenehm ist, gehören auch manche Politiker. Sie reden oft viel von dem „Vermächtnis“, welches die Opfer des Nazismus für die Nachwelt hinterlassen haben. Aber sie tun dies oft nur mit dem Munde, nicht mit dem Herzen!

Wenn man ein Vermächtnis wahren will, dann kann man es durch die Beachtung, welche man den Opfern, die diese Grausamkeiten überstanden haben, entgegenbringt.

Hier muss man sich aber fragen, in welcher Weise werden diese ehemaligen Widerstandskämpfer geehrt?

Bei welchen Gedenkfeiern für die Widerstandskämpfer erscheinen unsere staatlichen und politischen Repräsentanten?

Werden die Widerstandskämpfer bei offiziellen Anlässen eingeladen oder werden sie vergessen?

Wenn aber eine Einladung erfolgt, in welcher Reihe sitzen sie dann, evtl. möglichst weit hinten oder am Rande?

Werden nicht die, welche Hitler vorbehaltlos dienten, in unserer Gesellschaft mit mehr Anerkennung bedacht und wie sieht es mit der Versorgung der Opfer der Hitlerherrschaft aus?

Fragen über Fragen, auf die uns meist die Antwort schuldig geblieben wird.

Ich möchte diese Fragen hier in den Raum stellen und damit die Gelegenheit für jeden geben, sich - für sich selbst und auch allgemein - die Antwort zu geben.

Ich wollte mit meinen Ausführungen erreichen, dass der Widerstand gegen den Nationalsozialismus durch die Herausstellung eines bestimmten Ereignisses nicht einseitig gesehen wird. Weder nur als Widerstand der Arbeiter - wenn von diesen auch die meisten Blutopfer erbracht wurden - noch von Kirchenmännern usw. oder als solcher der Offiziere und Junker, sondern als Widerstand der verschiedensten Schichten unseres Volkes, die ihn auch, wie schon ausgeführt, aus den verschiedensten Motiven heraus leisteten. Alle waren sich aber insoweit einig, dass die Diktatur, die Unmenschlichkeit beseitigt und der Krieg, der unser Volk und andere Völker ins Unheil stürzte, beendet werden muss.

Wenn wir den 20. Juli 1944 aus der Sicht sehen, den Gedenktag als Ehrentag des deutschen Widerstandes insgesamt annehmen und für unsere Gesellschaft die nötigen Konsequenzen ziehen, dann haben unsere Widerstandskämpfer nicht erfolglos gekämpft, sind die Verfolgten nicht umsonst verfolgt, ist ihr oft qualvoller Tod nicht umsonst gewesen.

Abschließend richte ich die Aufforderung an alle Menschen hier in diesem Saale und darüber hinaus, wachsam zu sein und zu bleiben und aus der Geschichte zu lernen. Für die Politiker heißt das, alle Möglichkeiten, auch die der Schaffung von gesetzlichen Regelungen, wenn erforderlich, einzusetzen, um den derzeit bestehenden und sich sicher noch weiterhin bildenden Gruppen von Neonazisten und sonstigen Rechtsradikalen den Garaus zu machen.

Die Erhaltung unserer Bundesrepublik Deutschland als freiheitlich-demokratischer und sozialer Rechtsstaat muss unser gemeinsames Anliegen sein und bleiben.






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20.07.1980
 Matthias Wissmann
Matthias Wissmann