Ein Versuch, Volk und Land vom Tyrannen zu befreien

Georg Bach

Ein Versuch, Volk und Land vom Tyrannen zu befreien

Ansprache des Zweiten Vorsitzenden des Zentralverbandes Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen e.V. Georg Bach am 19. Juli 1988 im Rathaus Schöneberg, Berlin

Sehr verehrte Frau Bürgermeister,

sehr geehrte Damen und Herren,

sehr geehrte Kameraden und Freunde!

Ich habe die Ehre, Ihnen, sehr verehrte Frau Bürgermeisterin, und damit auch der Stadt Berlin herzlich für den Empfang zu danken, den Sie uns heute wieder geben.

Diesen Dank, den ich im Namen der drei hier vertretenen Verbände ausspreche, sage ich auch für die Hilfe, die der Senat und die BVG uns allen, besonders durch die Zurverfügungstellung von Omnibussen während dieser Tage, gewährt.

Seit einigen Jahren dürfen wir nun am Vorabend des 20. Juli Ihre Gäste sein. Die Stadt Berlin erweist damit den Organisationen der Widerstandskämpfer gegen den Nationalsozialismus und damit auch den Kämpfern selbst die Ehre, die ihnen an manch anderer Stelle leider nicht in dem gebührenden Maße zuteil wird. Dafür ein herzliches Dankeschön!

Dass manche Freunde und Kameraden, die in den vergangenen Jahren hier waren, diesmal nicht dabei sein können, liegt – wie sie erklärten – daran, dass es ihnen teilweise wegen ihres Alters oder ihrer Gesundheit nicht mehr möglich war, die etwas beschwerliche Reise nach Berlin anzutreten.

Sie vertragen das Fliegen nicht oder nicht mehr, und über eine Reise mit der Eisenbahn muss bei den derzeitigen Verkehrsverbindungen nach Berlin wohl kein Wort verloren werden.

Ich hoffe, dass die geplanten rascheren und bequemeren Bahnverbindungen zwischen dem Bundesgebiet und Berlin so zügig verwirklicht werden, dass auch wir sie noch nutzen können.

Diese Kameradinnen und Kameraden aus dem gesamten Widerstand, die heute nicht dabei sein können, sollen in Gedanken aber bei uns sein und in die Ehrung, die uns zuteil wird, einbezogen werden.

Sehr geehrte Anwesende,

der 20. Juli wurde seit vielen Jahren als Gedenktag des Widerstandes gegen den Nationalsozialismus von Verbänden der Widerstandskämpfer, in Bonn mit Unterstützung der Bundesregierung und in Berlin mit Unterstützung des Senats, begangen. Er ist für uns schon Tradition und wir sind dankbar, dass dieses Gedenken nun in Berlin weiter gepflegt wird und hoffentlich auch, wenn wir als ehemalige Verfolgte und Widerstandskämpfer nicht mehr am Leben sind, als Tag des Widerstandes erhalten bleibt.

Das Geschehen am 20. Juli 1944 war ein Versuch, Volk und Land vom Tyrannen zu befreien. Er schlug fehl, wie auch andere Widerstandshandlungen leider zwischen 1933 und 1945.

Es ist deshalb selbstverständlich, dass wir uns heute auch des Widerstandes von politischen, gewerkschaftlichen, religiösen und jugendlichen Gruppen erinnern, ich denke dabei unter anderem an die jungen Menschen der „Weißen Rose“ und ihres Mentors Professor Kurt Huber –, die schon vor dem 20. Juli 1944 unter Einsatz ihrer Freiheit, Gesundheit und ihres Lebens Widerstand gegen das damalige Hitler-Regime leisteten.

Der Widerstand ist nicht auf verschiedene Gruppen aufzuteilen, er muss, besonders an einem Tag wie heute, in seiner Gesamtheit gesehen und gewürdigt werden. Allein der Kreis der Personen, die zum 20. Juli 1944 gehörten, zeigt die Vielfalt der im Widerstand stehenden Gruppen.

Neben Stauffenberg und einer Reihe von Generalen und Offizieren der Wehrmacht, waren es besonders noch Männer wie Dr. Goerdeler, die Sozialdemokraten und Gewerkschafter Julius Leber, Wilhelm Leuschner, Theodor Haubach und Adolf Reichwein, die ihren Einsatz mit dem Leben bezahlten.







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