Verpflichtendes Vermächtnis der Opfer des Widerstandes

Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Willy Brandt

Verpflichtendes Vermächtnis der Opfer des Widerstandes

Gedenkworte des Bundesminister des Auswärtigen Willy Brandt am 21. Juli 1969 im Auswärtigen Amt, Bonn

Vor 25 Jahren scheiterte auf schreckliche Weise der Versuch, den durch die braune Gewaltherrschaft verschuldeten moralischen und nationalen Niedergang unseres Volkes in letzter Minute aufzuhalten. Unser Bundespräsident hat diesen geschichtlichen Vorgang in Berlin gewürdigt, und er hat all derer gedacht, die im deutschen Widerstand den schweren Weg der Gewissensprüfung gegangen sind.

Ein erfolgreicher 20. Juli würde viel Elend verhütet und den Weg Deutschlands nach dem Kriege erleichtert haben. Aber auch das Opfer ohne greifbaren Erfolg war nicht vergeblich. Es wurde zu einem wesentlichen Teil des ethischen Restbestandes, der es uns möglich macht, mit moralischem Anspruch wieder deutsche Politik zu betreiben.

Je größer der Abstand zu jenen tragischen Ereignissen wird, um so deutlicher erkennen wir vielleicht die positive geschichtliche Kontinuität, die sich im deutschen Widerstand ausdrückt. Dies ist eines der wertvollen Kapitel deutscher Geschichte, die weder ausgespart noch falsch gezeichnet werden dürfen:

Unser Auswärtiger Dienst, schwer bedrängt und böse missbraucht, hat seinen eigenen bedeutenden Anteil am Widerstand gehabt. Die Männer, deren Namen auf dieser Tafel verzeichnet sind, haben durch ihren gewaltsamen Tod eine gute Tradition bekräftigt. Ihr Andenken verpflichtet uns, für die Ideen des Rechts, der Freiheit und der gesitteten Zusammenarbeit zwischen den Völkern so einzutreten, dass wir ihrer Verwirklichung näherkommen.