Des gesamten Widerstandes gegen die Nazi-Tyrannei und aller Opfer der Gewaltherrschaft gedenken

Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Karl Ibach

Des gesamten Widerstandes gegen die Nazi-Tyrannei und aller Opfer der Gewaltherrschaft gedenken

Grußansprache des Vorsitzenden des Zentralverbandes Demokratischer Widerstandskämpfer- und Verfolgtenorganisationen (ZDWV) Karl Ibach am 20. Juli 1979 in der Stadthalle Bonn-Bad Godesberg

Mein erster Gruß gilt dem Präsidenten der Bundesrepublik Deutschland - Ihnen, sehr geehrter Herr Bundespräsident Prof. Dr. Karl Carstens.

Seit beiläufig 30 Jahren bemühen wir uns in mannigfacher Form und in zahlreichen Veranstaltungen um eine würdige Erinnerung an den Widerstand gegen die Hitler-Tyrannei und um ein ehrendes Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung. Heute nimmt zum ersten Mal ein amtierender Bundespräsident an unserer Feierstunde teil. Herr Bundespräsident, ich danke Ihnen für Ihre Anwesenheit.

Ich bitte um Entschuldigung, wenn wir Ihnen keinen protokoll- und ranggerechten Empfang bieten konnten - wir sind ein bescheidener, armer Verband. Dafür befinden Sie sich aber in einer Umgebung ganz besonderer Art: Um Sie herum sitzen die Vertreter der Europäischen Resistance aus Frankreich, Belgien, den Niederlanden, Luxemburg, Italien, Polen, Dänemark, Israel und der Bundesrepublik Deutschland - die Repräsentanten der Männer und Frauen, die bereits für Freiheit, Demokratie und ein vereintes, freies Europa gekämpft und gelitten haben, als noch die Diktatoren in Berlin, über Rom und Moskau bis Madrid herrschten. Wir sind dankbar für die Anwesenheit unserer ausländischen Freunde, die damit den bescheidenen Anteil des deutschen Widerstandes am europäischen Freiheitskampf anerkennen.

Mein nächster Gruß gilt Ihnen, verehrte Frau Minister Huber. Sie vertreten heute hier den Herrn Bundeskanzler und sprechen im Namen der Bundesregierung. Herzlichen Dank sage ich Ihnen für Ihre Mitwirkung.

Ein weiterer herzlicher Gruß und Dank gilt Herrn Bundestagsabgeordneten und Bundesminister a. D. Hans Katzer. Ihre Verbundenheit mit unserer Sache ist nicht nur politisch sondern auch familiär begründet, denn Ihre Gattin ist eine Tochter des unvergessenen Jakob Kaiser.

Und nun, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Freunde aus dem In- und Ausland, begrüße ich Sie alle recht herzlich und danke Ihnen aufrichtig für Ihr Erscheinen.

Der diesjährige Tag des Widerstandes steht aus unserer Sicht unter einigen besonderen Aspekten:

Erstens - in diesem Jahr besteht unser Zentralverband 25 Jahre und sein Zentralorgan „Freiheit und Recht“ befindet sich im 25. Erscheinungsjahrgang. Mit gezügeltem Stolz blicken wir auf unsere 25-jährige Tätigkeit zurück. Unsere Arbeit galt in den zurückliegenden 25 Jahren und gilt auch in der vor uns liegenden Zukunft der Verteidigung der Demokratie, der Bewahrung der Freiheit und dem Eintreten für Menschenrecht und Menschenwürde.

Zweitens - dieses Jahr ist für uns auch das Jahr des „Holocaust“! Der Film hat in Millionen Menschen eine ehrliche Erschütterung verursacht. Wir appellieren von dieser Stelle an die Mediengewaltigen, den Film noch einmal und zwar bei günstigerer Sendezeit auszustrahlen.

Drittens - ein wichtiger Aspekt dieses Jahres ist das Problem der Nichtverjährung von Nazimorden. Wir haben gebangt in dem Gedanken, dass nach dem 1. Januar 1980 Nazimörder aus dem Untergrund auftauchen und sich ungestraft ihrer Untaten rühmen könnten. In einer von tiefem Ernst geprägten Debatte hat der Deutsche Bundestag am 3. Juli die Aufhebung der Verjährung von Mord beraten und ein entsprechendes Gesetz beschlossen. Das hat bei uns und im Ausland große Erleichterung hervorgerufen. Wir anerkennen mit Dank die Haltung des Deutschen Bundestages.

Viertens - dieses Jahr - und das ist wohl ein allgemeiner Aspekt - ist ganz besonders das Jahr der Wahl des ersten europäischen Parlaments. In dieser Woche - am 17. Juli - trat das Europa-Parlament zum ersten Mal zusammen. Auf dem langen und schwierigen Weg zur europäischen Einigung ist das ein bedeutender Fortschritt. Die Widerstandskämpfer gegen Nazismus und Faschismus begrüßen das Ereignis mit großer Freude, denn sie fühlen sich als Europäer der ersten Stunde.

Wir grüßen von dieser Stelle das Europäische Parlament und wünschen ihm eine erfolgreiche Zukunft. Vor allem beglückwünschen wir die erste Präsidentin des Europäischen Parlaments, Madame Simone Veil, sie ist eine Schicksalsgenossin von uns, denn ihre Eltern sind in Auschwitz umgekommen.

Wir wünschen ihr eine glückliche Wirksamkeit!

Herr Bundespräsident, meine Damen und Herren, wir gedenken heute des 35. Jahrestages des 20. Juli 1944. Ich betone aber mit Nachdruck, dass wir darüber hinaus des gesamten Widerstandes gegen die Nazi-Tyrannei zwischen 1933-1945 und aller Opfer der Gewaltherrschaft in Ehrfurcht und Dankbarkeit gedenken.






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