Im Widerstand haben Menschen ethische Maßstäbe gesetzt.

Gedenkstätte Deutscher Widerstand

Karin Schubert

Im Widerstand haben Menschen ethische Maßstäbe gesetzt.

Ansprache der Berliner Bürgermeisterin Karin Schubert am 19. Juli 2002 im Berliner Rathaus

Der morgige 58. Jahrestag des 20. Juli 1944 ist Anlass, sich hier und heute zu sehen. Ich begrüße Sie sehr herzlich im Roten Rathaus und freue mich sehr, dass Sie unserer Einladung auch in diesem Jahr gefolgt sind.

Wir gedenken mutiger Frauen und Männer.

Wir denken an Menschen, die auf ihr Gewissen hörten, als Gehorsam von ihnen erwartet wurde.

Wir denken an Menschen, für die Humanität die Richtschnur ihres Handelns blieb, als dies zu einer Gefahr für das eigene und das Leben ihrer Angehörigen wurde.

Der Widerstand gegen die Barbarei des Nationalsozialismus ist und bleibt ein wichtiger Orientierungspunkt – auch 58 Jahre danach. Im Widerstand haben Menschen ethische Maßstäbe gesetzt. Sie sind durch ihr Handeln zu Vorbildern geworden. Richtig ist daher: Das Gedenken an den Widerstand gegen die NS-Herrschaft bleibt ein unverzichtbarer Kern unserer demokratischen politischen Kultur.

Der demokratische Staat lebt von Voraussetzungen, die er selbst nicht schaffen kann. Eine dieser Voraussetzungen ist das auf Werten und Regeln beruhende friedliche und solidarische Zusammenleben in der Gesellschaft. Das kommt nicht von selbst. Vorbilder müssen es vorleben.

Unter uns sind heute wieder viele Menschen, die auf ihre je eigene Weise die Erinnerung an den Widerstand wach halten und damit vorbildlich handeln. Lassen Sie mich heute eine Persönlichkeit besonders hervorheben, die sich in den vergangenen Jahrzehnten besondere Verdienste um die Erinnerung an den Widerstand erworben hat. Ich meine Dieter Thomas, der uns allen seit vielen Jahren als Kuratoriums- und als Vorstandsmitglied der Stiftung 20. Juli 1944 bekannt und vertraut ist.

Ihr Vater, Georg Thomas, war General der Infanterie. Er gehörte der Gruppe um Beck, Goerdeler, Canaris und Oster an, die im Widerstand zusammenarbeitete und nach dem Scheitern des Attentats am 20. Juli 1944 verhaftet wurde. Georg Thomas befand sich bis zum Kriegsende in Haft, zuletzt im KZ Dachau. Er starb im Dezember 1945 an den Folgen der Haft.

Sie, verehrter Herr Thomas, haben sich seit vielen Jahren mit unermüdlichem Einsatz dem Gedenken an die Frauen und Männer des 20. Juli 1944 gewidmet. Ganz besonders ging es Ihnen aber auch darum, Zusammenhalt unter den Angehörigen zu stiften und gemeinsam mit anderen Organisationen den Widerstand zu würdigen und die Beteiligten des Widerstandes und deren Angehörige zu betreuen.

Verehrter Herr Thomas, ich freue mich sehr, dass der Bundespräsident Ihnen das Verdienstkreuz am Bande des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland verliehen hat. Ich gratuliere Ihnen – auch im Namen aller Anwesenden – sehr herzlich zu dieser Auszeichnung und darf sie Ihnen hiermit überreichen.

Meine Damen und Herren, ich freue mich sehr, dass Sie der Einladung zu dem heutigen Empfang gefolgt sind. Ich wünsche Ihnen allen interessante Begegnungen und anregende Gespräche mit Freunden und Bekannten, die Ihr Schicksal teilen.

Nochmals herzlich willkommen in Berlin, herzlich willkommen im Roten Rathaus.